Einführendes über das Geschlecht

De Graeff, auch Graeff, De Graef, Graef, aber auch Graaff,[1] sowie De Graeff van Polsbroek genannt, ist der Name eines noch heutzutage bestehenden niederländischen Patrizier- und Adelsgeschlechts. Die Familie erlebte ihren Höhepunkt im Amsterdam und Holland des 17. Jahrhunderts, dem Goldenen Zeitalter der Niederlande, als sie durch geschicktes Taktieren zu einem der einflussreichsten Geschlechter der niederländischen Republik aufsteigen konnte.[2] Der Reichtum der De Graeffs beruhte auf Handelsgeschäften, bei ihrem politischen Engagement standen sie meist in Gegensatz zu den Statthaltern aus dem Haus Oraniern, von denen sie diverse Male aus der Amsterdamer Stadtregierung ausgeschlossen wurden. Durch zahlreiche Heiratsbündnisse waren sie mit der bedeutenden Amsterdamer Patrizierfamilie der Bicker verbunden. Im Laufe des Goldenen Zeitalters waren Angehörige der Familie De Graeff auch als bedeutende Mäzene von Künstlern und Schriftstellern tätig.

 

I) Anfänge und Überblick 

Amsterdamer Stammlinie

Die Familie tritt erstmals zum Anfang des 16. Jahrhunderts mit Pieter Graeff und dessen Ehefrau Griet Pietersdr Berents in Amsterdam auf.[3] Quellen erwähnen, dass Peter von Graben resp. Pieter Graeff ein Sohn des sich wohl zwischen 1476 und 1483 in Holland befindlichen Wolfgang von Graben († 1521) war. Vater und Sohn gelangten im Gefolge von Erzherzog Maximilian von Österreich [dem nachmaligen Kaiser] von Österreich nach Holland, welches jener mittels der Ehe mit Maria von Burgund erworben hatte. Als Peters Mutter wird Margarethe von Croppenstein vermeldet, was aber nicht stimmig sein kann, da jene zwar als Ehegattin eines Wolfgang von Graben Erwähnung findet, aber erst im 16. Jahrhundert, was somit auf einen späteren Wolfgang von Graben zutrifft. Wolfgang trat in den Kriegsdienst ein und wurde dem Erzherzog zugeteilt. Peter vermählte sich in Holland und nahm den Namen (Pieter) de Graeff (oder De Graaff) an,[4] woraus das Geschlecht (De) Graeff seine Abstammung bezieht.[5] Die aktuellen Quellen nach der heutigen Genealogie sind sich über diese Herkunft unsicher.[6] Jene Von Graben entstammten dem krainischen Uradelsgeschlecht der Herren von Graben, die von einem Grafen oder einem unehelichen Grafensohn aus dem Haus der Görzer Meinhardiner abstammen sollen. Pieter Graeffs Ehefrau Griet Pietersdr Berents war eine Nachkommin von Jan Berents, Herr von Randenbroek, dem Sohn von Wouter Berensz und seiner Frau Dieuwer Willemsz de Grebber, genannt Berents, aus dem Geschlecht De Grebber.[7][8] Pieter Graeff führte aber schon das Von Graben-Wappen mit dem silbernen Spaten auf rotem Grund [aber nicht den silbernen Vogel auf blauem Grund].[9] Die Familie Graeff übernahm von den Berents / De Grebber, den Baljuws (Vögte) des Waterlandes, deren silbernen Schwan auf blauem Grund. Ob er dieses Zeichen schon selbst führte ist nicht bekannt. Dieses Wappenbild wurde in der Familie erstmals 1542 oder 1543 nachgewiesen.[10]


Pieters Stamm wurde durch seinen einzig bekannten Sohn Jan Pietersz Graeff (vor 1500–1553) weitergeführt.[11] Über jenen ist bekannt, dass er in Amsterdam im „Huis De Keyser“ (benannt nach der außerhalb des Gebäudes angebrachten „Keizerskroon“) am Damrak wohnhaft war. Dort betrieb er einen florierenden Tuchhandel. Im Jahre 1539 wurde er als deren Gildemeister angegeben. Graeff führte seinen Handel auch in Antwerpen, dem damaligen Stapelplatz für englische Leinen. Als er sich als Händler in Nordbrabant festigen wollte, intervenierten dessen Söhne für seine baldige Rückkehr nach Amsterdam. Dort wurde Graeff zum Mitglied der patrizischen Stadtregierung benannt. Er erfüllte im Jahre 1542 seine Funktion als Vroedschap und im darauffolgenden Jahr das Amt eines Schepen.[12] Durch seine Tätigkeit in der Stadtregierung gehörte die Familie De Graeff zu den wenigen Geschlechtern, die vor und nach der Alteratie von Amsterdam in der Regierung saßen.


Jan Pietersz Graeff hatte fünf Söhne. Der zweitgeborene Lenaert Jansz de Graeff war in den 1560er und 1570er Jahren in den religiösen Befreiungskampf der Niederlande involviert;[13] einerseits war er unter seinem Freund Heinrich von Brederode einer der militärischen und religiösen Führer Amsterdams und wohl ident mit „Monseigneur de Graeff“, einem Kapitän der Wassergeusen, der an der Eroberung von Brielle im Jahre 1572 beteiligt war.[13][14] Sein dritter Sohn Dirck Jansz Graeff (1532–1589) begründete die Hauptlinie des Geschlechts in Amsterdam. Er konnte als regierender Bürgermeister Amsterdams und Freund des Wilhelm von Oranien (Wilhelm der Schweiger) den Grundstein für den politischen und gesellschaftlichen Einfluss der Familie als Stadtherren von Amsterdam legen. Dirk Jansz war einer der Emigranten, die vor dem spanischen Heer unter dem Herzog von Alba nach Emden flüchteten.[15] Nach seiner Rückkehr hatte Dirck Jansz Beteiligungen an über 100 Handelsschiffen. In den Jahren 1584/1585 war er mit einem Vermögen von 140.000 Gulden der reichste Einwohner Amsterdams.[16]

II) Ältere Linien

a) Republik der Vereinigten Niederlanden

Von Jacob Jansz Graeff († ca. 1580), dem jüngsten Sohn von Jan Pietersz Graeff, spalteten sich Zweige ab, die u. a. in den Städten Alblasserdam[17], Alkmaar, Leiden und Delft lebten, aber nicht gleich der in Amsterdam verbliebenen zu Einfluss gelangen konnten. Das bedeutendste Mitglied war der holländische Konteradmiral Albert Claesz de Graeff, ein Urenkel von Jacob Jansz Graeff. Es ist nicht bekannt, ob noch heutzutage aus diesen Zweigen Nachkommen leben. Darüber hinaus existieren aber Nachkommen von Jacob Jansz Graeffs außerehelichem Sohn Adriaan Jacobsz Graeff,[18] über deren Wirken nicht viel bekannt ist, aber eventuell im folgenden Kapitel eine Fortsetzung findet.

 

b) Altes Deutsches Reich

Ein weiterer Zweig der Familie war in Holland und auch in Preußen (Deutschland) ansässig. Gemäß dem Genealogisches Taschenbuch der Ritter- u. Adels-Geschlechter entstammte die preußische Familie De Graaff des 19. Jahrhunderts der Amsterdamer Linie der De Graeff. Der preußische Zweig soll laut dem Genealogischen Taschenbuch der Ritter- u. Adels-Geschlechter von Dirk Reynier de Graaff (genannt 1596) einem Sohn des Lenaert Jansz de Graeff (Leonardus de Graaff; 1525/30 - vor 1578), abstammen.[19] Weshalb diese Familie, von der keine Erhebung in dem Adelsstand nachweisbar ist, in einem genealogischen Werk über Adelsgeschlechter erscheint, ist nicht eruierbar. Diese Abstammung wird auch durch den Rietstap Armorial Général bestätigt, der das (De) Graeff-Wappen auch durch Träger im vormaligen Preußen als Graaff (de), Prusse - Orig. de Hollande (auch de Graaf geschrieben) registrierte.[20] Das Wappen ist im Original wie folgt beschrieben: Graaff (de) Prusse - Orig. de Hollande - Écartelé aux 1 et 4 de gueules à une bêche d'argent le fer en haut aux 2 et 3 d'azur à un cygne d'argent Cimier la bêche sommée de trois plumes de paon au naturel Lambrequin d'argent et de gueules.[21] Die Blasonierung beschreibt neben dem Spaten einen Schwan [und keine Gans, die die De Graeff's ab 1655/78 als (Vrij)heeren van Purmerland en Ilpendam anstatt des Schwan führten], was eine Abstammung aus der Amsterdamer Stammlinie vor 1638 (dem Tod des Jakob Dircksz de Graeff) bezeugt. In den 1870er Jahren gingen die Gebrüder Gérard Hendrik Reinardus de Graaff (1853–1917) und Henri (Heinrich) de Graaff (1857–1924), Söhne des Juristen Reinardus Joostinus Marinus de Graaff (* 1829) aus Den Haag, als Offiziere in den preußischen Militärdienst.[19] Heinrich avancierte im Ersten Weltkrieg zum preußischen Generalleutnant, Gérard Hendrik Reinardus zum Generalmajor. Beide waren auch in Berlin wohnhaft. Es ist nicht bekannt, ob daraus eine Nachkommenschaft besteht.

 

Eine historisch nicht genau eruierbar, wohl abgespaltene Linie bürgerlichen als auch bäuerlichen Standes, mit den Namen Graef, Gräf sowie Gräff, gelangte um 1800 via Sachsen resp. Preußen nach Österreich, und stammte laut deren Familientradition und Wappen [siehe Familienverband Gräff-Graeff] ursprünglich aus den Niederlanden, womöglich von obenstehend erwähnten außerehelichen Patriziersohn Adrian Jacobsz Graeff aus Alblasserdam ab [siehe dazu Graben resp. Graeff-Wappen aus dem Nachlass von Pater Lambert Gräf, OSBB; auch Lambert Graef, geb. Karl Gräf; 1848 - ca 1905, Pfarrer in Niederösterreich].[18]

 

c) Namensähnlichkeiten

Der Deutsche Herold aus 1872 beruft sich in einer seiner Ausgaben im Zusammenhang mit der holländischen Familie De Graeff auf das Lebedursche Adelslexikon, welches im Zeitraum des 17. und 18. Jahrhunderts vier Familien des Namens von Graaff und von Graffen (auch De Grave, De Graff und De Gref) ohne genealogische Herkunft aufzählt, wovon die erste im Rheinland, die zweite im Rheinland und in Westphalen, die dritte in Sachsen, sowie die vierte Familie ohne geografische Zuordnung vermeldet wird (näheres unter Graff). Weiters schreibt Der Deutsche Herold: Der Name de Grave, oder Graf, Graeff klingt ganz niederländisch, so dass wohl an einen Zusammenhang mit dem in Nr. 11 dieser Zeitschrift erwähnten Geschlechte (in der Nr. 11, Nachrichten über die Familie de Graeff[22]), gedacht werden könnte. Weiters wird angeführt: In der Preussischen Armee zeigen sich im vorigen und diesem Jahrhundert mehrere Offiziere, die den Namen v. Graef, v. Graff, v. Graffen, v. Graefen haben, aber es mangelt an Kennzeichen zu welchen der vier eingangs erwähnten Geschlechter sie gehören. Neben einer Aufzählung von Offizieren dieser Namen bekundet es dort im Jahre 1711 auch einen Fähnrich von Graeff,[23] bei dem aber keine genealogische Herkunft zu finden ist. Im Allgemeinen ist festzuhalten, dass trotz gewisser Namensähnlichkeiten von keiner eruierbaren Verwandtschaft zu den ursprünglich niederländischen Graeff resp. De Graeff ausgegangen werden kann, da diese Familien über diverse Wappen verfügt.

 

Addierend hierzu existiert eine womöglich noch heutzutage blühende (brandenburgisch, pommerisch, sächsisch) Familie namens Graeff, Gräff, deren eruierbarer Stamm in Berlin liegt. Dieser ist der preußische Amtmann Joachim Heinrich Gräff (1670 in Brandenburg - 1752 in Barth, Schwedisch-Pommern). Seine Nachkommenschaft war als Pastoren in Schwedisch-Pommern sowie als Buchhändler und Verleger (Buchhandlung Heinrich Gräff) in Leipzig in Sachsen sowie in Sankt Petersburg, Russisches Kaiserreich, tätig. Der gebürtige Leipziger Heinrich Graeff (Gräff; 1800-1861) war preußischer Abgeordneter, Verfasser und Herausgeber juristischer Werke sowie Gutsherr von Kontopp im heutigen Polen.[24] Es sind keine Wappen bekannt.

III) Die Amsterdamer Linie

a) Politisches Erbe

Cornelis de Graeff (1599–1664) vermerkte, dass die alten Amsterdamer keine Gewohnheit hatten, genealogische Aufzeichnungen über ihre Familien zu führen, und über die vorherigen Generation nicht mehr wussten als das, was sie von ihren Vätern und Großvätern gelernt haben. Die Daten seiner eigenen Familie in Amsterdam reichen nicht sehr weit zurück: Und zunächst beginne ich mit der Familie der Graven, von der ich väterlicherseits abstamme. Dies ist eine Familie aus Amsterdam, die aus dem Haus 'de Keijser' stammt, das sich am Water befand (= jetzt Damrak Nr. 91). Dieses Haus zeigt den Eindruck seines gewölbten Aussehens, im Besitz von Jan Pieters de Graeff und dann von Dirck Jans de Graeff, der dieses Haus auch verkaufte. Auch mein Vater Jacob de Graeff und seine Brüder wurden hier geboren.[25]


Die Familie De Graeff hat daher nie mit dem Alter ihrer eigenen Familie in Amsterdam geprahlt. Aber die Gebrüder Cornelis und Andries de Graeff sahen sich zusammen mit ihren Cousins Andries und Cornelis Bicker als politische Erben der alten Regentenfamilie Boelens an, deren katholisch gebliebene Hauptlinie 1647 in männlicher Linie ausgestorben war. Sie hatten von ihren Boelens-Vorfahren die sehr bedeutsamen Vornamen „Andries“ und „Cornelis“ erhalten. Wie in einer echten Dynastie heirateten im 17. Jahrhundert häufig Mitglieder der Familien Bicker und De Graeff, um ihr politisches und wirtschaftliches Kapital zusammenzuhalten. Cornelis' großer historischer Vorfahre war Andries Boelens (1455–1519), der einflussreichste mittelalterliche Bürgermeister der Stadt. Beide Familien, De Graeff und Bicker, stammen in weiblicher Linie von Boelens ab, Er durfte fünfzehn Mal das Bürgermeisteramt von Amsterdam bekleiden.[26]


b) Regentenmacht im Goldenen Zeitalter

Jakob Dircksz de Graeff, einer der Söhne von Dirck Jansz Graeff, baute den gesellschaftspolitischen Einfluss der Familie innerhalb der Stadtregierung und in den republikanischen und protestantischen Kreisen Hollands weiter aus. Er war für seine freidenkende, republikanische Gesinnung, aber auch Ruhmsüchtigkeit bekannt,[27] und trat gemeinsam mit seinem Neffen Andries Bicker für die Anerkennung der Remonstranten in Amsterdam ein. Nach dem politischen Ende von Reinier Pauw kam die Leitung der Stadtregierung in die Hände der arminischen Clique rund um De Graeff und Bicker.[28] Diese gab auch der, seit der Ermordung von Johan van Oldenbarnevelt geschwächten, republikanischen Staatspartei neue Impulse.


Im Laufe des Goldenen Zeitalters der Niederlande kamen die Mitglieder der Amsterdamer Stammlinie der Familie De Graeff in harsche Kritik zum sich immer mehr ausbreitenden Einfluss des Hauses von Oranien-Nassau. Gemeinsam mit den führenden republikanischen Staatsmännern, den Gebrüdern Bicker und den De Witts waren diese Geschlechter für eine Aufhebung der Statthalterschaft, zumindest in der Provinz Holland.[3] Die Geschlechter De Graeff und Bicker exemplarisch, trachteten den zentralistischen, autokratischen Regierungsstil der florentinischen Medici nachzuahmen.[29] Am Höhepunkt des Goldenen Zeitalters der Niederlande, der Ersten Statthalterlosen Periode von 1650 bis 1672, lag die politische Macht innerhalb Hollands hauptsächlich bei zwei staatsgesinnten, sprich republikanischen, Familien. In Amsterdam lag diese bei den Gebrüdern Cornelis de Graeff und Andries de Graeff, und in Den Haag bei den Gebrüdern Johan und Cornelis de Witt, den Anführern der staatsgesinnten (republikanischen) Fraktion Hollands, was durch deren enge Zusammenarbeit und gegenseitige Verwandtschaft verstärkt wurde.[30] Aufgrund der ökonomischen Macht und der dadurch entstandene politischen Führung von Holland und im Speziellen von Amsterdam innerhalb der Niederländischen Republik fiel den städtischen Regenten speziell im Goldenen Zeitalter auch eine eminente außenpolitische und diplomatische Rolle zu, was Andries de Graeff folgend formulierte: Die Macht ist herrlich, doch voller Sorgen.[31] Der niederländische Historiker und Archivar Bas Dudok van Heel meinte über die Macht der Familien wie die der de Graeff und Bicker: In Florenz wären Familien wie Bicker und De Graeff ungekrönte Fürsten gewesen.[32]


Als herausragende Persönlichkeit des Geschlechts (des Goldenen Zeitalters) ist Jacob Dircksz ältester Sohn Cornelis de Graeff anzuführen, der während seiner Regentschaft in Amsterdam in enger politischer und ökonomischer Kooperation mit seinem Neffen Johan de Witt, dem Ratspensionär der Republik der Vereinigten Niederlande stand.[33] Im Laufe der 1640er Jahre trat die republikanische Elite Hollands, die De Graeff, Bicker sowie Jacob de Witt für eine Beendigung des Krieges mit dem Königreich Spanien sowie einer Reduzierung der Landstreitkräfte ein.[34] Dieser andauernde Kriegszustand verhinderte das wirtschaftliche Wachstum und die gesellschaftliche Entwicklung der Vereinigten Niederlande. Ebenfalls stärkte dieser Kriegszustand die Macht des Statthalters als Oberbefehlshaber der Streitkräfte, etwas das nicht im Sinne der Republikaner war. Dies verstärkte den Konflikt zwischen ihnen und Statthalter Friedrich Heinrich von Oranien sowie den Reformierten Hollands. 1648 traten die Vereinigten Niederlande aufgrund des immensen politischen Drucks des gesamten Bicker-De Graeff Clans[35] in Friedensverhandlungen mit Spanien, um beim Frieden von Münster den Achtzigjährigen Krieg zu beendigen.[36][37] Bis zu seinem Tod im Jahre 1664 erfüllte De Graeff das Bürgermeisteramt der Stadt Amsterdam, dem republikanischen Zentrum der Vereinigten Provinzen der Niederlande. De Graeff hatte aber nicht nur die Interessen dieser im Sinn, sondern auch die von Holland und den politischen Ausgleich mit den anderen niederländischen Provinzen.[38]


Als Cornelis Bruder Andries de Graeff 1671 mit seiner Staatgesinnten Partei erneut an die Macht gelangte, war es für ihn an der Zeit dieses, die „Ware Vrijheid“ der Republik, in einem Gemäldethema in seinem Bürgermeistersaal zu positionieren. Gerard de Lairesse stellte im Triomf der Vrede die Rolle der Familie De Graeff als die Beschützerin der republikanischen Staatsform, Verteidiger der Freiheit, dar. Es ist auch als Aussage zur Gegnerschaft und gegen die Rückkehr zur oranischen Statthalterschaft zu verstehen.[3] Im Rampjaar 1672, nach dem politischen Ende des Regimes von Johan de Witt und dem damit verbundenen politischen Ende der republikanischen Stadtregenten, wurde die Familie De Graeff von dem neuen Statthalter Wilhelm III. von Oranien-Nassau und Gillis Valckenier, Amsterdams neuem starken Mann, von ihren innegehabten Ämtern ausgeschlossen.[39]


Conclusio: Während einer Zeitspanne von annähernd einem halben Jahrhundert war die Familie De Graeff einer der republikanischen Führer der Amsterdamer und der holländischen Politik gewesen. Im Zeitraum der Jahre 1650/1660 war die Stadt Amsterdam auf dem Zenit ihrer Führerschaft innerhalb der niederländischen Republik angelangt. Diese Periode am Höhepunkt des Goldenen Zeitalters wurde von den Republikanern als die (ihre) „Ware Vrijheid“ (Wahre Freiheit) angesehen. Es war die sogenannte Erste Statthalterlose Periode, welche sich zwischen den Jahren von 1650 auf 1672 erstreckte. In diesen dreiundzwanzig Jahren regierten die holländischen Regenten, und an deren Spitze stehend die von Amsterdam, die niederländische Republik. Die führenden Patrizier der Stadt Amsterdam fühlten sich durch ihre selbstbewusst erlangte Souveränität in die Nachfolge der antiken römischen Republik versetzt.[40] Ohne die fortdauernden Einmischungen des oranischen Statthalters funktionierte das republikanische System der Regenten in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht effektiv.[3] So konnte die Familie De Graeff vom Jahre 1627 an, dem politischen Ende des oranisch gesinnten Staatsmannes Reinier Pauw, bis in das rampjaar 1672 das gesellschaftspolitische, kulturelle und wirtschaftliche Bild der niederländischen Republik entscheidend mitgestalten.[41]


a, 2) Kunst, Architektur und Wissenschaft

Die Familie De Graeff machte sich auch als Förderer der Künste einen Namen. Im Goldenen Zeitalter wurden besonders die Maler Govaert Flinck, Nicolaes Eliaszoon Pickenoy, Jan Lievens, Jacob Jordaens, Rembrandt,[42] Jürgen Ovens, Gerard ter Borch, Jacob van Ruisdael, Thomas de Keyser, der oben erwähnte Gerard de Lairesse sowie der Bildhauer Artus Quellinus mit repräsentativen Aufträgen, einerseits die Mitglieder der Familie darzustellen und andererseits deren Wohnhäuser auszuschmücken, bedacht. Diese Künstler haben von der Familie auch öffentliche Aufträge erhalten; so wie Ruisdael, Quellinus oder Flinck bei der Ausschmückung des damals neu erbauten Stadthauses Op de Dam, wofür sich die Familie De Graeff und Bicker verantwortlich gezeigt hatten. Als Vorbild der neuen Souveränität, welche sie seit dem Friedensschluss von Münster im Jahre 1648 innehatten, schufen sie den Bau nach dem Vorbild des venezianischen Dogenpalastes. Cornelis de Graeffs Sohn Jacob legte hierbei im Jahre 1655 den ersten Stein.[43] Der Poet und Dichter Joost van den Vondel verfasste zu diesem Anlass das Gedicht Bouwzang.[44] Neben Van den Vondel schrieben auch noch andere Dichter wie Jan Vos, Caspar van Baerle und Gerard Brandt Verse und Gedichte über die De Graeffs.[5]


Als Bauherren zeigten sich die De Graeffs neben dem Op de Dam für die Vergrößerung Amsterdams und für den Bau verschiedener Grachten verantwortlich. Danebst ließen sie sich prachtvolle Stadthäuser, wie das Palais Huis van der Graeff, erbauen. Desgleichen zeigten sie sich im Jahre 1638 für den Grundstock des heutigen Palais Soestdijk verantwortlich, welches im Jahre 1674 an Wilhelm III. von Oranien, der in seiner Jugend einige Sommer auf diesem Anwesen verbrachte,[45] verkauft wurde.


Über die reine Beauftragung von Künstlern hinaus waren die De Graeff auch große Sammler, deren Erwerbungen heute verschiedene niederländische und ausländische Kunstmuseum schmücken; so befanden sich unter anderem auch die beiden Rembrandtgemälde Minerva[46] und der Jakobssegen sowie Frans Halsens Gemälde Catharina Hooft mit ihrer Amme bis in das Jahr 1753 beziehungsweise 1872 in Familienbesitz.


Des Weiteren organisierten die Gebrüder Cornelis und Andries de Graeff im Jahre 1660 die Dutch Gift, das Holländische Geschenk. Jenes war als eine pro-englische Strategie Amsterdams gedacht und beinhaltete eine reichhaltige Kunstschenkung an den englischen König Karl II.[47]


Jakob Dircksz de Graeff führte gemeinsam mit seinem Freund Pieter Jansz Hooft (1575–1636) ein chemisches Labor, worin sie ein Perpetuum mobile erfanden. Auf dem Gebiet der Wissenschaften sowie in Bereichen der Naturkunde unterhielt De Graeff eine nahe Zusammenarbeit mit Constantijn Huygens und via Huygens auch mit René Descartes.[48][49] Sein Enkel Pieter de Graeff verkehrte mit Constantijn Huygens Sohn Christiaan Huygens.


b) Nach dem Goldenen Jahrhundert

Nachdem die Amsterdamer Familie De Graeff im Jahre 1672 ihre politische Bedeutung verloren hatte, konnte sie sich nur mehr bedingt in der Amsterdamer Politik festsetzen. Im Laufe des 18. Jahrhunderts hatten noch drei Familienmitglieder, namentlich Johan de Graeff (1673–1714), Gerrit de Graeff van Zuid-Polsbroek (1711–1752) und Gerrit II de Graeff van Zuid-Polsbroek (1741–1811), im 19. Jahrhundert mit dem Fabrikanten Gerrit IV de Graeff (1797–1870) nur noch ein De Graeff in der Amsterdamer Stadtregierung gesessen. Im 20. Jahrhundert war die Familie gänzlich aus der Stadtpolitik verschwunden.


c) Feudales

c, 1) Adel

Die Familie Graeff / De Graeff gehörte dem Amsterdamer Patriziat an, führte aber keine Adelstitel. Die Titel ihrer Hohen Herrlichkeiten führten sie als Bestandteil und Ergänzung zu ihrem Familiennamen. 1677 erhielten Andries de Graeff und sein Sohn Cornelis durch Kaiser Leopold I. den Reichsritterstand verliehen. Grund hierfür war die angenommene Abstammung aus dem Geschlecht der Herren von Graben.[5] Mit dem Tod von Sohn und Vater im darauffolgenden Jahr ist dieser Zweig aber erloschen. Auszug aus dem kaiserlichen Diplom zu Wien:

Fide digis itegur genealogistarum Amsteldamensium edocti testimoniis te Andream de Graeff non paternum solum ex pervetusta in Comitatu nostro Tyrolensi von Graben dicta familia originem ducere, qua olim per quendam ex ascendentibus tuis ejus nominis in Belgium traducta et in Petrum de Graeff, abavum, Johannem, proavum, Theodorum, avum, ac tandem Jacobum, patrem tuum, viros in civitate, Amstelodamensi continua serie consulatum scabinatus senatorii ordinis dignitabitus conspicuos et in publicum bene semper meritos propagata nobiliter et cum splendore inter suos se semper gessaerit interque alios honores praerogativasque nobilibus eo locorum proprias liberum venandi jus in Hollandia, Frisiaque occidentale ac Ultrajectina provinciis habuerit semper et exercuerit.[9]


Als 1815 das Niederlande gegründet wurde, erhielt die Familie De Graeff keine Anerkennung oder Erhebung in den neuen niederländischen Adel, was der niederländische Historiker und Archivar Bas Dudok van Heel so formulierte:

„In Florenz wären Familien wie Bicker und De Graeff ungekrönte Fürsten gewesen. Hier hätten sie 1815 mindestens in den Grafenstand erheben worden müssen, doch das hätte der südniederländische Adel sich nicht gefallen lassen. Was man hier bekam, blieb nichts Halbes und nichts Ganzes“

– Bas Dudok van Heel: [50]


Im Jahre 1885 erhielt Dirk de Graeff van Polsbroek aus Den Haag, ein Nachkomme von Cornelis de Graeff (1599-1664), für sich und seine Nachkommen den neuen niederländischen Adel mit dem Prädikat Jonkheer verliehen.[51] Dieser adelige Zweig blüht noch heutzutage fort.


c, 2) Herrlichkeiten im Besitz der Familie

Wie viele andere niederländische Patrizierfamilien waren die De Graeffs bestrebt, sich die Lebensweise und das gesellschaftliche Auftreten des alten Adels anzueignen und von diesem als ebenbürtig anerkannt zu werden.[52] Zur Begründung solcher Ansprüche diente unter anderem der Erwerb feudaler Grundherrschaften,[53] sogenannter heerlijkheiden. die in den Niederlanden zugleich mit einer eigenen Gerichtsbarkeit verbunden waren.[54] Bei „Niederen Herrlichkeiten“ (lage heerlijkheiden) oder Ambachtsherrlichkeiten war dies die Niedere Gerichtsbarkeit, während der Grundherr einer „Freien“ oder „Hohen Herrlichkeit“ auch zusätzlich die Hohe Gerichtsbarkeit besaß.


Jakob Dircksz de Graeff war einer der ersten holländischen Stadtregenten, der in den Besitz einer solchen Hohen Herrlichkeit gelangte. Im Jahre 1610 kaufte er für sich und seine Familie von Karl Graf von Aremberg die hoge of vrije heerlijkheid Zuid-Polsbroek,[55] die zu dieser Zeit kein Lehen mehr, sondern als Allod-Eigentum frei vererb- und veräußerbar war.[56] Ihr Erwerb steigerte das Ansehen und leistete einen Beitrag zur Aristokratisierung der Familie, in der sich De Graeff und seine Erben seither als Vrijheer(en) van Zuid-Polsbroek ansprechen lassen könnten. Sein gleichnamiger Enkelsohn Jacob de Graeff erbte im Jahre 1678 die Freie oder Hohe Herrlichkeit Purmerland und Ilpendam. Die Herrlichkeiten Zuid-Polsbroek beziehungsweise Purmerland und Ilpendam waren bis in das Jahre 1870 im Besitz des Geschlechtes De Graeff. Zusätzliche Herrschaftsrechte hatten sie als Ambachtsherren - hier ist die Familie De Graeff als Lehensempfänger im Namen der Stadt Amsterdam zu sehen - von Amstelveen, Nieuwer-Amstel, Sloten, Sloterdijk und Osdorp, Urk und Emmeloord.


Des Weiteren ist der Amsterdamer Ratsherr und Bruder des Jakob, Pieter Dircksz Graeff (1573–1645), im Besitz der Herrlichkeit Engelenburg gestanden. Die Geschwister Alida (1651–1738) und Arnoldina de Graeff (1652–1703) - Enkelkinder des Jakob - waren in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vrijvrouwen der Hohen Herrlichkeit Jaarsveld gewesen.


Ländereien und herrliche Rechte hatte die Familie im südlichen Teil von Netelenburg, im nordholländischen Duinen, in Cromwyk und Hoog Rietveld bei Woerden, bei Langerak und am Fluss Lek, den ausgedehnten Landsitz Vredenhof bei Voorschoten sowie in De Graskamp und Gründe in Soestdijk, Palais Soestdijk, und Baarn.


c, 3) Familiensitze

Stammsitz der Familie war das „Huis De Keyser“ am Amsterdamer Damrak, welches nach der außerhalb des Gebäudes angebrachten „Keizerskroon“ benannt ist. Die ersten drei Generationen betrieben dort einen Eisen- und Tuchhandel. In weiterer Folge erwarben Familienmitglieder Stadthäuser am Fluweelenburgwal, Herengracht und Gouden Bocht. Stellvertretend sind hierfür Herengracht 573, worin das Tassenmuseum Hendrikje beherbergt ist, und das im Jahre 1672 für Andries de Graeff vollendete Stadtpalais Huis van der Graeff zu nennen.[57] Im 19. Jahrhundert übersiedelten Familienmitglieder von Amsterdam nach Den Haag wo deren Nachkommen noch heutzutage wohnhaft sind.


Außerhalb der Stadt besaß die Familie De Graeff diverse Ländereien und Landsitze. 1581 erwarb Dirck Jansz Graeff den großen Landsitz Vredenhof bei Voorschoten. Jener wurde kurze Zeit später von den Spaniern verwüstet und nach seinem Tod von Jan Dirksz Graeff neu aufgebaut.[58] Das Gut blieb bis in das 18. Jahrhundert in den Händen der Familie. Weitere Landsitze hatte die Familie mit dem nachmaligen Palais Soestdijk, Bronstee bei Heemstede, Vogelsang und Valkenburg (Valckeveen) sowie Graeffenveld bei Oud-Naarden. Schlösser besaß die Familie De Graeff mit Schloss Ilpenstein und dem Schloss von Jaarsveld.


c, 4) Wappen

Laut dem Deutschen Herold führte der Stammherr Pieter Graeff schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts ein Stammwappen, welches die silberne Schaufel auf rotem Grund der Herren von Graben sowie einen silbernen Vogel (Falken mit einer roten Haube) auf blauem Grund zeigt.[9] Diese heraldische Beschreibung trifft aber nur für den Spaten zu, da der Falke erstmals im späteren 16. Jahrhundert bei dem Wappen von Pieters Enkelsohn Dirk Jansz Graeff (1531–1589) zur Verwendung gelangte. Der Ursprung dieses Falken liegt in einem Landgut in Gooiland, das Dirk Jansz Graeff später zu Ehren seiner Frau Valckeveen (der nachmalige Landsitz Valckenburg) nannte. Ob Pieter Graeff neben dem Spaten auch den silbernen Schwan auf blauem Grund [der Herren De Grebber aus dem Waterland] führte ist nicht bekannt, da dieser erstmals 1542 oder 1543 bei seinem Sohn Jan Pietersz Graeff (1512–1553) nachgewiesen werden kann.[59] Der Ursprung des Schwans liegt bei den De Grebber, Baljuws (Vögte) des Waterlandes, von denen Pieter Graeffs Ehefrau Griet Pietersdr Berents in weiblicher Linie abstammte.


Im 16. und 17. Jahrhundert führte die Amsterdamer Stammlinie der Graeff / De Graeff – die Nachkommen von Dirk Jansz Graeff – folgende Wappen:

* Die silberne Schaufel auf rotem Grund (Wappenfeld 1, oder sowie 1 und 4) und einen silbernen Falken mit einer roten Haube auf blauem Grund (Wappenfeld 2, oder sowie 2 und 3).

* Die Besitzer des Gutes Vredenhof: Die silberne Schaufel auf rotem Grund (Wappenfeld 1 und 4) und silberne Schwäne auf blauem Grund (Wappenfeld 2 und 3). Der Schwan steht nicht mehr wie zur Mitte des 16. Jahrhunderts für eine eventuelle Verwandtschaft, Abstammung von den De Grebber, sondern nun für das Landgut Vredenhof, wo das Geschlecht das grundherrliche Privileg hatte Schwäne zu züchten.


Ab 1610 führten die Vrijheern der Hohen Herrlichkeit Zuid-Polsbroek als Herzschild drei weiße Rauten auf Rot, der für die Hohe Herrlichkeit Zuid-Polsbroek steht. Ab 1678 führten die selbigen als Herren der Hohen Herrlichkeit von Purmerland-Ilpendam eine silberne Gans auf blauem Feld (Wappenfeld 2 und 3) anstatt des Falken bzw. der Schwäne des Vredenhof. Der Herzschild ist wiederum jener der Hohen Herrlichkeit Zuid-Polsbroek.[60]


Der ausgestorbene reichsritterliche Zweig († 1678 bzw. 1738 in weiblicher Linie) zeigt ein folgendes Wappenschild: Mit Laubkronen behängte silberne Spaten auf rot auf den Feldern 1 und 2 sowie den silbernen Schwan auf blau auf den Feldern 1 und 4.[61]


Das Wappen der zum Neuen Niederländischen Adel gehörenden Linie aus 1885 ist wie folgt beschrieben:

Gevierteilt: 1 und 4 in rot und eine darauf platzierten silbernen Spaten; 2 und 3 in blau ein rotbedeckter und stehender silberner Schwan. Blaugeränderter gekrönter Helm, mit silbernen Helm, mit silberroten Helmdecken. Helmdecken: der silberne Spaten stehend auf der Krone, der Helm mit drei natürlichen Pfaufedern. Schildhalter: zwei rotbedeckte und aufrecht stehende silberne Schwäne mit geöffneten niederwärts gerichteten Flügeln, die Schnäbel geöffnet. Wappenspruch: Mora sceptra ligonibus aequat.[62]


d) Familienbeziehungen

Solche verband das Geschlecht De Graeff mit anderen Amsterdamer Regentenfamilien wie den Bicker, Boelens Loen, Hooft, Pauw, Deutz van Assendelft, De Hochepied, Trip oder auch den Dordrechter De Witt. Solche nutzte auch die Familie De Graeff im Verlauf des 17. Jahrhunderts aus um sich politische Ämter und Einfluss zu verschaffen. Andere Verbindungen führten sie zu den Van Egmond van de Nijenburg aus Alkmaar, den Van Voorst tot Voorst, den Van der Does sowie zu den Utrechter Regenten Van Veldhuyzen. Weitere ihnen verwandte Geschlechter waren die Huydecoper van Maarsseveen, Van Foreest und die Van Hogendorp.


Im Laufe des 18. Jahrhunderts traten die De Graeffs in eheliche Verbindungen mit den De Petersen, Van Herzeele, Lestevenon, Sautijn und den Van Brienen van Ramerus. Weitere Verwandtschaften führten sie zu den Boreel, Clifford und zu den Lampsins, ehemals Barone von Tobago. Im 19. Jahrhundert, als viele der alten Patriziergeschlechter ausgestorben waren, gingen die De Graeffs Ehen mit verschiedenen Familien aus dem industriellen und städtischen Milieu ein. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts änderte sich diese Tendenz dahinführend dass sich das Geschlecht De Graeff erneut mit den adeligen Geschlechtern des Landes verband, so den Loudon, Van Lennep, Van den Bosch oder den Van der Wijck.


Weitere Abstammungen in weiblicher Linie führen als Beispiel bei Gerrit de Graeff (1711–1752) über seine Ehefrau Johanna Hooft, geb. Hasselaer, zu den alt-holländischen Geschlechtern Persijn, Brederode, Borsselen, Amstel, Beveren und über Jutta von Holland, einer außerehelichen Tochter von Graf Wilhelm I. von Holland aus dem Haus der Gerulfinger, zu diversen europäischen Dynastien.[63]


e) Familienbegräbnisstätte Oude Kerk

1648 erstand Cornelis de Graeff die Begräbnisstätte in der Amsterdamer Oude Kerk für sich und seine Nachkommenschaft. In der Mitte der Glasfenster der Taufkapelle der De Graeffs sind die Wappen von Cornelis und dessen Ehefrau Catharina Hooft angebracht. Im 18. Jahrhundert wurde die Grabstätte durch zwei weitere großformatige Wappendarstellungen geziert. Das ältere ist das der Arnoldina de Graeff, Baronin van Voorst tot Hagenvoorde van Bergentheim, das andere das des Jacob Baron de Petersen, einem engen Verwandten der De Graeffs. Im Laufe des 19. Jahrhunderts ist die Begräbnisstätte außer Gebrauch gekommen. Nach der Trennung von Staat und Kirche im Jahre 1810 hatten die Kirchenmeister der Oude Kerk die Familie De Graeff mehrmals darauf angesprochen, ihre Familienstücke und -papiere aus der Grabstätte zu holen. Da dies verabsäumt wurde, gingen diese Stücke verloren.[64] Zwischen 1994 und 1998 wurden die Grabstätte restauriert und auf verborgene Unterlagen die Familie De Graeff betreffend durchsucht.[65]


f) Familienarchiv

Die zur Mitte des 17. Jahrhunderts größtenteils durch Pieter de Graeff zusammengetragenen Schriftstücke und genealogischen Dokumente die Familie De Graeff betreffend wurden im Jahre 1906 von den Gebrüdern Dirk de Graeff van Polsbroek, Gijsbert Carel Rutger Reinier De Graeff und Frederik Lodewijk De Graeff in einem Familienarchiv im Stadsarchief Amsterdam aufbewahrt.[66]

IV) Den Haager Linie

Weitere Linien und Zweige, auch aus der Amsterdamer Stammlinie, sind in den Niederlanden verstreut ansässig, so die Den Haager Linie. Diese entstammte dem bedeutenden Diplomaten Dirk de Graeff van Polsbroek (1833–1916), einem Sohn von Gerrit IV de Graeff. Dirks Sohn war Andries Cornelis Dirk de Graeff, Diplomat, Minister und Generalgouverneur, der die politisch engagierte und erfolgreiche Tradition seines Geschlechts im 20. Jahrhundert fortsetzen konnte. Auch waren diverse Familienmitglieder im Ingenieurswesen, in den Wasserschaften, als staatliche Inspektoren und Kommissare, Direktoren, im Hofdienst am niederländischen Königshof und als Finanz- und Firmenmanager tätig. Stellvertretend hierfür sind Dirk Georg de Graeff und Jan Jaap de Graeff aufzuführen.

V) Südafrikanische Linie

Gerrit Arnold Theodoor de Graeff (* 1831) aus Amsterdam, älterer Bruder von Dirk de Graeff van Polsbroek, wanderte 1850 nach Südafrika aus, und stiftete dort eine noch heutzutage blühende Linie.[67]

Literatur (Auswahl)

* P. de Graeff (P. Gerritsz de Graeff und Dirk de Graeff van Polsbroek): Genealogie van de familie De Graeff van Polsbroek. Amsterdam 1882.

* J. H. de Bruijn: Genealogie van het geslacht De Graeff van Polsbroek 1529/1827. De Bilt, 1962–63.

* W.J.C.C. Bijleveld: De Herkomst der familie De Graeff. In: Nederlandsch Archief voor Genealogie en Heraldik. 1938–1939.

* W.H. Croockewit: Genealogie van het geslacht 'de Graeff'; samengesteld uitsluitend uit gegevens uit het Archief dier Familie. In: De Nederlandsche Leeuw. Jahrgang 16, 1898.

* E. Elias: De Vroedschap van Amsterdam 1578–1795. 1904.

* S.A.C. Dudok van Heel: Van Amsterdamse burgers tot Europese aristocraten. Band 2, 2008.

* Jonathan Israel: The dutch Republic - It’s Rise, Greatness, and Fall - 1477–1806. Clarendon Press, Oxford 1995, ISBN 0-19-820734-4.

* S.A.C. Dudok van Heel: Op zoek naar Romulus & Remus. Een zeventiende-eeuws onderzoek naar de oudste magistraten van Amsterdam. In: Jaarboek Amstelodamum. 1995, S. 43–70.

* Kees Zandvliet: De 250 rijksten van de Gouden Eeuw - Kapitaal, macht, familie en levensstijl. Nieuw Amsterdam Uitgevers, Amsterdam 2006.

* P. Burke: Venice and Amsterdam. A study of seventeenth-century élites. 1994.

Einzelnachweise
  1.  Der deutsche Herold: Zeitschrift für Wappen-, Siegel- u. Familienkunde, Band 3, S. 91 (Berlin, 1872)
  2. ↑ Hochspringen nach:a b c d Triumph of Peace (Memento vom 1. März 2012 im Internet Archive) (en)
  3. ↑ Hochspringen nach:a b Nederlands adelsboek 1914, S. 14
  4.  Genealogisches Taschenbuch der Ritter- u. Adels-Geschlechter, Band 3, Seite 229 (1870)
  5. ↑ Hochspringen nach:a b c Artikel über das Geschlecht De Graeff in dem Nieuw Nederlandsch biografisch woordenboek (DBNL), Deel 2 (nl)
  6.  S.A.C. Dudok van Heel: Van Amsterdamse burgers tot Europese aristocraten. Band 2, 2008, S. 974.
  7.  De vroedschap van Amsterdam 1578–1795, Teil 1, S. 85, von Johan Engelbert Elias (1963)
  8.  Genealogie Pauw, Persijn, de Jong, en Verhee. Von Thijs Postma
  9. ↑ Hochspringen nach:a b c Der deutsche Herold: Zeitschrift für Wappen-, Siegel- u. Familienkunde, Band 3, Nachrichten über die Familie de Graeff
  10.  "De wapens van de magistraten der stad Amsterdam sedert 1306 tot 1672", Band 1, S. 94. Von Pieter Anthony Johan van den Brandeler
  11.  Stammbaum von Jan Pieterszoon (de) Graeff
  12. ↑ Hochspringen nach:a b Nieuw Nederlandsch biografisch woordenboek. Deel 2: Jan Pietersz Graeff
  13. ↑ Hochspringen nach:a b Lenaert Jansz de Graeff in der DBNL
  14.  De Graeff (Monseigneur de Graeff van Brugge) in der „DBNL“
  15.  S.A.C. Dudok van Heel: Van Amsterdamse burgers tot Europese aristocraten. Band 2, 2008, S. 974.
  16.  I.H. Eeghen: De restauratie van Herengracht 77. In: Maandblad Genootschap Amstelodamum (1968) S. 235.
  17.  alblasserdam.net. Kolumne von Hennie van der Zouw, Wat heeft Alblasserdammer Jan Jacobsz de Graeff met Paleis Soestdijk te maken?
  18.  De Neederlandse Leeuw, 1898, Genealogie van het geslacht "De Graeff", S. 131
  19. ↑ Hochspringen nach:a b c Genealogisches Taschenbuch der Ritter- u. Adels-Geschlechter, Band 3, Seiten 229/230 (1870)
  20.  Rietstap book of arms
  21.  Armorial de JB RIETSTAP. De Graaff (De Graeff) in Prusse (Preussen, Deutschland) (Memento des Originals vom 26. Oktober 2019 im Internet Archive Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  22.  Der deutsche Herold: Zeitschrift für Wappen-, Siegel- u. Familienkunde, Band 3, S. 91/92 (Berlin, 1872)
  23.  Der deutsche Herold: Zeitschrift für Wappen-, Siegel- u. Familienkunde, Band 3, S. 101 (Berlin, 1872)
  24. ... 
  25.  DBNL, Amsterdamse burgemeesters zonder stamboom. De dichter Vondel en de schilder Colijns vervalsen geschiedenis, by S.A.C. Dudok van Heel, p 146 (1990)
  26.  DBNL, Amsterdamse burgemeesters zonder stamboom. De dichter Vondel en de schilder Colijns vervalsen geschiedenis, von S.A.C. Dudok van Heel, Seite 147 (1990)
  27.  Pieter C. Vies: Andries de Graeff (1611–1678) ’t Gezagh is heerelyk: doch vol bekommeringen (Memento vom 1. März 2012 im Internet Archive) (PDF; 2,7 MB)
  28.  Google Buchsuche: Geschiedenis van Holland, Teil 2, Band 2, von Eelco Beukers
  29.  Google Buchsuche: The familial state: ruling families and merchant capitalism in early modern europe, S. 101. Von Julia Adams
  30. ↑ Hochspringen nach:a b Die vielen Leben des Jan Six: Geschichte einer Amsterdamer Dynastie, von Geert Mak (2016)
  31.  Geert Mak, Die vielen Leben des Jan Six: Geschichte einer Amsterdamer Dynastie
  32.  Horst LademacherGeschichte der Niederlande. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983. S. 117.
  33.  Oliver Krause: Die Variabilität frühneuzeitlicher Staatlichkeit. Die niederländische „Staats“-Formierung der Statthaltosen Epoche (1650–1672) als interkontinentales Regiment (Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2018)
  34.  Amsterdam: a brief life of the city. Von Geert Mak, Harvill Press (1999), Seite 123
  35.  Buitenplaatsen in de Gouden Eeuw: De rijkdom van het buitenleven in de Republik. Herausgegeben von Y. Kuiper, Ben Olde Meierink, Elyze Storms-Smeets, S. 71 (2015)
  36.  Amsterdam: a brief life of the city. Von Geert Mak, Harvill Press (1999), Seite 123
  37.  Hajo Brugmans: Geschiedenis van Amsterdam. Deel III: Bloeitijd, 1621–1697. Amsterdam 1973, S. 159–167.
  38.  Amsterdam tijdens de Verenigde Provinciën en de Bataafse Republiek (Familie De Graeff im Jahre 1672)
  39.  Andries de Graeff (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im August 2019. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  40.  Biografie über Andries Bicker in der DBNL (nl)
  41.  Google Buchsuche: Rembrandt’s bankruptcy: the artist, his patrons, and the art market in Seventeenth-century Netherlands. S. 111–120.
  42.  Dedalo Carasso: Helden van het vaderland in der DBNL (nl)
  43.  Joost van den Vondels (15871679) Gedicht Bouwzang (Memento des Originals vom 17. Oktober 2013 im Internet Archive Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  44.  Jacob de Graeffs Mutter Catharina Hooft in Vrouwen van Soestdijk (Memento vom 24. Juli 2011 im Internet Archive)
  45.  Rembrandts Minerva in her Study of 1635 The Splendor and Wisdom
  46.  Google Buchsuche: Israel, J.I. (1995) The Dutch Republic. S. 750.
  47.  Briefwisseling Constantijn Huygens 1608–1687 (PDF; nl; 989 kB)
  48.  DBNL Jaarboek van de Maatschappij der Nederlandse Letterkunde, 1936 (nl)
  49.  Geert Mak, Die vielen Leben des Jan Six: Geschichte einer Amsterdamer DynastieGeert Mak, Die vielen Leben des Jan Six: Geschichte einer Amsterdamer Dynastie
  50.  Nederland’s Patriciaat, Jahrgang 2, 1911, S. 171; Dirk de Graeff van Polsbroek war der erste seines Geschlechts seit Andries de Graeff und dessen Sohn Cornelis im Jahre 1677, der einen adeligen Titel verliehen bekam und führen durfte.
  51.  Nierop: The nobility of Holland (1993), S. 212ff.
  52.  Zur Bedeutung des Erwerbs von Herrlichkeiten für den Aristokratisierungsprozess des städtischen Patriziats am Beispiel Dordrechts siehe Eric Palmen: De politieke elite. In: Willem Frijhoff u. a. (Hrsg.): Geschiedenis van Dordrecht. II, Verloren, Hilversum 1998, S. 211–220, S. 218, zu Holland allgemein und den Anteilen von Adel, Klerus, Bürgertum und Bauerschaft am Grundeigentum Nierop: The nobility of Holland (1993), S. 96ff.
  53.  Zur Geschichte der niederländischen Herrlichkeiten siehe Johan Philip de Monté ver Loren: Hoofdlijnen uit de ontwikkeling der rechterlijke organisatie in de Noordelijke Nederlanden tot de Bataafse omwenteling. 5. Auflage. Kluwer, Deventer 2000, S. 172ff., zur Unterscheidung niederer und freier/hoher Herrlichkeiten S. 176.
  54.  Het Utrechts Archief: Archief van de heerlijkheid zuid-polsbroek 1424–1914 (Memento des Originals vom 18. März 2010 im Internet Archive Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Verwerving van de heerlijkheid en andere goederen, Nr. 2, weist zu diesem Vorgang zwei Stücke (einen Umschlag und eine Urkunde) mit der Zeitangabe „1609, 1610“ aus. Das Datum 18. September 1610 ist Croockewit: Genealogie van het geslacht de Graeff. S. 132, und Elias: De vroedschap van Amsterdam (1963), S. 266, entnommen.
  55.  J. L. van der Gouw: Korte geschiedenis van de grenzen van de provincie Zuid-Holland (1963), Kap. III: De definitieve vorm van het graafschap (1300–1795)
  56.  Pieter C. Vies: Andries de Graeff (1611–1678) ’t Gezagh is heerelyk: doch vol bekommeringen, S. 21–23. (Memento vom 1. März 2012 im Internet Archive) (PDF; 2,7 MB)
  57.  Nieuw Nederlandsch biografisch woordenboek. Deel 2, Biografie von Dirk Jansz Graeff
  58.  "De wapens van de magistraten der stad Amsterdam sedert 1306 tot 1672", Band 1, S. 94. Von Pieter Anthony Johan van den Brandeler
  59.  Google Buchsuche: De werken van Vondel in verband gebracht met zijn leven, en voorzien van ... Von Joost van den Vondel, S. 245 und 246
  60.  Reichsritterdiplom vom 19. Juli 1677 für Andries de Graeff und dessen Sohn Cornelis (Österreichisches Staatsarchiv, Wien)
  61.  Nederland’s adelsboek 1914 (14 - De Graeff) (archive.org)
  62.  www.genealogieonline.nl
  63.  Jaarboek 69 - Amstelodamum. De doopkapel van de Oude kerk (S. 17–21)
  64.  De Oude Kerk - Familiegraf De Graeff | graf-van-de-maand (Memento des Originals vom 27. Oktober 2011 im Internet Archive Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  65.  Familienarchiv De Graeff im Stadtarchief Amsterdam
  66.  Google Buchsuche: Nederland’s patriciaat (1911), Band 2